Nachgefragt: „Zeiten gefüllter Kassen sind vorbei“

Veröffentlicht am 15.01.2021 in Allgemein

Die Gewerbesteuerausfälle aufgrund von Rückstellungen und Strafzahlungen eines großen Unternehmens haben die Stadtkasse schwer getroffen. Wir haben mit Bürgermeister Dr. Dennis Nitsche über den aktuellen Stand und die Perspektiven gesprochen. [Lesen Sie hier weiter]


Bürgermeister Dr. Dennis Nitsche zusammen mit Innen-
minister Roger Lewentz bei der Übergabe eines Förderbescheids

 

Dennis Nitsche [DN]: Zwischen 2011 und 2019 haben wir im Schnitt 35 Millionen Euro an Gewerbesteuer pro Jahr eingenommen. Für 2020 und 2021 werden es nach aktuellem Stand insgesamt nur noch 7 Millionen sein. Ein Loch in den Haushalt rissen die Steuerrückzahlungen von 19 Millionen Euro im Jahr 2019. Die Wirtschaftsschieflage infolge der Corona-Pandemie hat auch 2020 für eine Lücke gesorgt. Glücklicherweise fand unsere Stadt Unterstützung bei Bundesfinanzminister Olaf Scholz und Landesfinanzministerin Doris Ahnen (beide SPD). Aus dem Rettungsschirm des Bundes und des Landes für die Kommunen erhielt die Stadt Wörth am Rhein ca. 25 Millionen Euro – damit können wir unsere derzeitigen Schulden tilgen und einen ausgeglichenen Abschluss für 2020 vorlegen. Darüber bin ich sehr erleichtert!

SPD: Eine gute Nachricht für unsere Stadt trotz eines eher negativen Trends – wie ist es gelungen, die Ausgleichszahlung von 25 Millionen zu erhalten?

DN: Die Berechnungsgrundlage für die Finanzhilfe des Bundes und des Landes war von großer Bedeutung. Es gab Vorschläge, nach denen Wörth am Rhein keinen Cent von den Millionen des Bundes und des Landes erhalten hätte. Das konnten wir durch viel Überzeugungsarbeit verhindern. Dadurch konnten auch teilweise die entgangenen Steuern aufgrund der Strafzahlungen ersetzt werden.

SPD: Wie ist die Perspektive für die nächsten Jahre?

DN: Für das Jahr 2021 müssen wir wieder mit einem Absturz unserer Finanzen rechnen. Das liegt überwiegend an der hohen Kreisumlage - wir müssen 2021 stolze 27 Millionen Euro abführen. Das wird uns Ende 2021 einen Schuldenstand von voraussichtlich 15 Millionen Euro bescheren. Das bedeutet, wir müssen weiter auf Sicht fahren und unsere Ausgaben begrenzen. Daneben baue ich darauf, dass es uns weiterhin gelingt, erhebliche Fördermittel einzuwerben, um notwendige Investitionen in unsere Infrastruktur, den Klimaschutz und die Entwicklung unserer Stadt tätigen zu können. Zuletzt erreichte uns ein Förderbescheid über 2,7 Millionen Euro für Maßnahmen gegen den Klimawandel – ein Riesenerfolg. Auch bei dieser Förderung haben uns die Abgeordneten Thomas Hitschler und Dr. Katrin Rehak-Nitsche sehr stark unterstützt.

SPD: In der Öffentlichkeit wird unsere Finanzlage kritisch betrachtet?

DN: Ich habe bereits 2016 darauf hingewiesen, dass wir uns auf eine unruhigere Zukunft mit unsicheren Einnahmen und wachsenden Aufgaben vorbereiten müssen. Spätestens jetzt sollte allen klar sein, dass die Zeiten gefüllter Kassen vorüber sind. Die Verantwortung obliegt dem Stadtrat, dieser beschließt den Haushalt. Als Bürgermeister habe ich die Aufgabe, die Beschlüsse des Gremiums umzusetzen. Und deshalb habe ich in der Vergangenheit schon mehrfach eine kluge Ausgabenpolitik mit klaren Prioritäten und einer Haushaltsdisziplin eingefordert. Ich bin bemüht, zum Beispiel über Förderanträge, die die Stadt stellen kann, die Einnahmenseite zu verbessern und Ausgaben zu reduzieren.

Wichtig sind dabei intelligente Lösungen. Ich erinnere an unser aller Ziel, den Bürgerpark durch ein Café aufzuwerten. Die Finanzmittel stehen uns hierfür aktuell nicht zur Verfügung. Doch im Gespräch mit der Wohnbau Wörth konnte ich erreichen, dass nun diese prüft, das Bürgercafé zu realisieren. Damit können wir unser Ziel ohne Belastung für die Stadtkasse erreichen. Letztlich muss unser gemeinsames Ziel sein, etwaige Schulden auf ein Minimum zu reduzieren, ohne wichtige Investitionen immer nur aufzuschieben.

*Hinweis: Dieses Interview erscheint auch in der neuen Ausgabe unserer MIT im Januar 2021.