Die Grundrente kommt! Wir klären die wichtigsten Fragen

Veröffentlicht am 17.11.2019 in Bundespolitik

Nach langen Verhandlungen hat die SPD ihre Forderungen nach einer Grundrente ohne Bedürftigkeitsprüfung durchgesetzt. Ab 2021 werden Frauen und Männer, die nur wenig Rente haben - trotz eines langen Arbeitslebens - spürbar mehr in der Tasche haben. Auf welche Einzelheiten sich die Regierungsparteien geeinigt haben, erklären wir im Folgenden. [Lesen Sie hier weiter]

Wie viele Menschen werden von der Grundrente profitieren?

Nach der aktuellen Berechnung der Bundesregierung sollen rund 1,5 Millionen Menschen von der Grundrente profitieren. Mehrheitlich sind es Frauen, die von der Grundrente profitieren werden, betonte Malu Dreyer.  Nach Schätzungen des Arbeitsministeriums hätten rund 85 Prozent von ihnen einen Anspruch auf Grundrente. Die Gründe dafür: Frauen arbeiten häufiger in Niedriglohnjobs, haben in ihrem Arbeitsleben häufiger in Teilzeit gearbeitet. Die Grundrente soll zum 1. Januar 2021 eingeführt werden.

Welches Prinzip steckt hinter der Grundrente?

Wer sein Leben lang gearbeitet hat, soll im Alter gut abgesichert sein. Das ist das Grundprinzip der Rente. Wer viele Jahre aber nur wenig eingezahlt hat, bekam bisher nur eine sehr niedrige Rente, teilweise noch unter dem Niveau der Grundsicherung. Das traf selbst auf Menschen zu, die Jahrzehnte lang gearbeitet hatten.

Eine Ungerechtigkeit, die sich mit der Grundrente ändern soll: Wer 35 Jahre lang gearbeitet hat und Rentenbeiträge gezahlt hat, soll auf jeden Fall so viel Geld bekommen, dass es deutlich über der Grundsicherung liegt. Deswegen war von SPD-Arbeitsminister Hubertus Heil oder auch der kommissarischen Parteivorsitzenden Malu Dreyer immer wieder zu hören, dass es um Anerkennung der Lebensleistung geht, nicht um eine soziale Unterstützung. Rentner sollten keine Bittsteller sein, sondern für ihre Arbeitsleistung belohnt werden.

Wie viel Geld bekommt der Einzelne?

Die Höhe der Grundrente ist abhängig von den Rentenpunkten, die man im Erwerbsleben gesammelt hat. Dementsprechend ist ein allgemeingültiges Beispiel nicht darstellbar, hierfür gibt es aber drei unterschiedliche Beispiele:

1) Bauingenieurin aus Leipzig mit einem Bruch in der Erwerbsbiografie

Eine Bauingenieruin, die bis zur Wende ein gutes Einkommen hatte, danach arbeitslos war und teilweise kleinere Anstellungen als Angestellte hatte. Sie bekäme nach heutigem Stand 746 EUR an Rente. Mit der Grundrente erhöht sich ihre Rente um knapp 200 EUR auf 941 EUR.

2) Hilfsarbeiter, z.T. in Teilzeit

Ein Hilfsarbeiter, der 20 Jahre Vollzeit und weitere 15 Jahre Teilzeit auf Mindestlohn-Niveau gearbeitet hat, erhält derzeit 463 EUR an Rente. Mit der Grundrente verdoppelt sich seine Rente auf 868 EUR.

3) Frisörin in Vollzeit

Eine Frisörin, die 40 Jahre in Vollzeit berufstätig war, jedoch nur 40 Prozent des Durchschnittslohns erhalten hat, bekommt derzeit eine Rente von 528,80 EUR. Mit der Grundrente steigt ihre monatliche Rente um 405 EUR auf dann 933,66 EUR an.

Einkommensprüfung statt Bedürftigkeitsprüfung – gibt es da einen Unterschied?

Bei dem jetzt ausgehandelten Kompromiss wird der Anspruch auf eine Grundrente automatisch geprüft. Niemand soll für die Grundrente zum Sozialamt gehen müssen, das war ein zentrales Anliegen der SPD. Zudem stellt etwa die Hälfte der berechtigten Bevölkerung keinen Antrag, weil sie nicht wissen, dass sie darauf ein Anrecht haben, oder weil sie sich dafür schämen.

Die Einkommensprüfung hingegen soll automatisch ablaufen. Die Daten dafür erhält die Rentenversicherung vom Finanzamt. Es muss kein Antrag ausgefüllt werden, sondern das zu versteuernde Einkommen ist die Grundlage für den Anspruch auf Grundrente. Der daraus berechnete Wert wird für jedes Jahr mit dem Durchschnittseinkommen in Deutschland verglichen. Wer dann am Ende der Rechnung deutlich unter dem Schnitt liegt, dessen Rentenanspruch wird deutlich aufgewertet.

Bei einer Bedürftigkeitsprüfung, wie beispielsweise bei einem Antrag auf Grundsicherung, müssen die Antragsteller hingegen alles angeben, ihre kompletten Eigentums- und Vermögensverhältnisse bis ins Detail öffentlich machen. Bei der Einkommensprüfung zählt nur das zu versteuernden Einkommen. Im Detail geklärt werden muss allerdings noch die Frage, wie Auszahlungen aus Kapitallebensversicherungen behandelt werden.

Was wird bei der Berechnung der Grundrente alles berücksichtigt?

Bei den 35 Beitragsjahren werden auch Zeiten für die Kindererziehung, die Pflege von Angehörigen und vieles mehr berücksichtigt. Außerdem gibt es Freibeträge: Wer alleine lebt, bis zu 1250 Euro im Monat verdienen, Paare zusammen 1950 Euro, ohne dass dies mitberechnet wird. Für Rentner, die zusätzlich noch Wohngeld erhalten, soll es ebenfalls einen Freibetrag geben, damit die Grundrente nicht direkt wieder abgezogen wird.

Offen ist auch noch, ob Arbeitnehmer, die die 35 Beitragsjahre ganz knapp nicht erreichen, auch einen Anspruch auf Grundrente haben. Es soll für solche Fälle aber eine Gleitzone geben, die Details sind noch unklar. Die genaue Berechnung der Grundrente soll in den kommenden Wochen und Monaten ausgearbeitet werden – während des Gesetzgebungsverfahrens.

Quellen und weitere Informationen: www.vorwaerts.de, www.spd.de