Bürgermeister Nitsche im Gespräch

Veröffentlicht am 10.12.2016 in Allgemein

Im Amt angekommen – und große Projekte angepackt

Bürgermeister Dr. Dennis Nitsche und der Vorsitzende des SPD-Stadtverbands, Mario Daum, sprechen über die ersten Monate in ihren jeweiligen Ämtern. Nitsche trat am 1. Juli das Amt des Bürgermeisters an. Daum wurde am 28. Juni zum Vorsitzenden des Stadtverbands gewählt.

Mario Daum: Dennis, seit rund 150 Tagen bist Du im Amt. Viele Bürgerinnen und Bürger schauen vermutlich genau hin, wie sich der „Neue“ im Amt macht. Was sind bislang Deine Erfahrungen?

Dennis Nitsche: Ja, das stimmt, das Interesse in der Bevölkerung ist sehr groß – aber dabei stehe nicht ich im Mittelpunkt, sondern meistens die großen Projekte, die wir gerade angehen. Das ist gut so, denn Kommunalpolitik ist keine One-Man-Show. Ich wurde gewählt um ganz konkrete Aufgaben zu erfüllen. Für mich selbst sind die ersten Monate im Amt wie im Fluge vergangen, und ich habe schon gar nicht mehr das Gefühl, „neu“ zu sein. Wie geht es Dir denn mit Deiner neuen Aufgabe als Vorsitzender des SPD-Stadtverbands?
[Anmerkung der Redaktion: Vor Daum hatte Nitsche diese Aufgabe inne.]

MD: Wie Du selbst sehr gut weißt: Es gibt vieles zu tun. Wichtig ist mir, dass wir den guten Kurs beibehalten und noch stärker in den Dialog mit den Bürgerinnen und Bürger treten. Wir wollen uns personell breiter aufstellen und dazu braucht es viele Interessierte, die bereit sind, eine Aufgabe oder ein Amt in der Stadt oder in der Sozialdemokratie zu übernehmen. Unser Ziel ist es, dass ein ehrenamtliches Engagement in der Stadt Wörth am Rhein noch attraktiver für alle Menschen wird.

DN: Das ist mir auch ein großes Anliegen – insbesondere ist mir wichtig, dass Kinder und Jugendliche verstehen, welche Bedeutung die kommunale Ebene hat. Ich lade deshalb Schulklassen aus allen Schulen in das Rathaus ein. Ich will dazu beitragen, dass Kinder und Jugendliche den Wert des Ehrenamts und die Einflussmöglichkeiten erkennen. Denn vom Kindergarten, über Gewerbeansiedelung bis zum Wohngebiet wird vieles auf lokaler Ebene von ehrenamtlichen Kommunalpolitikern entschieden, die sich die Mühe machen, in ihrer Freizeit über das Gemeinwohl in unserer Stadt zu beraten. Aber auch das Ehrenamt in den Kirchen und Vereinen lebt von engagierten Helfern.

MD: Gerade der Kontakt zu Kindern und Jugendlichen mit der Politik ist für die Zukunft enorm wichtig, aber auch zeitaufwändig.

DN: Ja, natürlich. Ich nehme mir für jede Klasse etwa zwei Stunden Zeit. Aber das sollte es uns wert sein! Ich bin überzeugt davon, dass wir unsere Demokratie nur auf Dauer erhalten können, wenn wir erklären, wie man mitmachen kann, wie die Abläufe sind, und warum es Wahlen und demokratische Gremien gibt. Es geht um unsere Zukunft.

MD: Du spielst damit auch auf die aktuellen Entwicklungen in unserer Gesellschaft an. Wir erleben ja gerade, dass einige Wählerinnen und Wähler aus Protest eine Partei wählen, die selbst keinerlei Lösungen anbietet. In diesem Kontext hat sich auch eine gewisse Aggressivität in der politischen Diskussion aufgetan, die der Sache nicht zuträglich ist. Wir dürfen bei all dem nicht vergessen, dass wir in der längsten Friedensperiode leben dürfen, die Deutschland je genießen durfte. Und das haben wir den Parteien zu verdanken, die seit 1945 in den politischen Gremien saßen. Sicherlich müssen sich einige Sachverhalte auch ändern, aber das bekommen wir nicht mit einem „Dagegen“, sondern mit einem eigenen Engagement hin!

DN: Es ist sicher richtig, dass es immer das eine oder das andere zu verändern gilt – aber so ist nun mal das Leben und die Welt. Es wird immer so sein, dass neue Herausforderungen neue Antworten erfordern. Ich bin da aber vollkommen Deiner Ansicht, dass wir keine Scharlatane brauchen. Es gibt genügend engagierte Menschen – in allen demokratischen Parteien, auch in unserem Stadtrat und unseren Ortsbeiräten – die oft gemeinsam kluge Entscheidungen für unsere Zukunft treffen. Wichtig ist, dass Menschen bereit sind, Verantwortung zu übernehmen. Ich persönlich ärgere mich sehr, über stures „Dagegen sein“ ohne eigene realistische Lösungsvorschläge.

MD: Du sprichst da ein gutes Beispiel an, nämlich das ganz konkrete Engagement vor Ort. Mein Eindruck ist, dass wir in den letzten Monaten eine neue Kultur der Diskussion erleben. Man kann das auch „Politisierung“ nennen. Wenn die Menschen wieder über öffentliche Belange nachdenken, miteinander diskutieren und um Lösungen ringen, dann ist das ja eigentlich der absolute Wunsch-Zustand. Die Nutzung des Schauffele-Areals oder der Altortrahmenplan Wörth und die angedachten Sanierungsmaßnahmen in Maximiliansau sind Beispiele, wo sich Bürgerinnen und Bürger bei Ortsbegehungen, Sprechstunden oder in den Sitzungen der Ortsbeiräte oder des Stadtrats einbringen können.

DN:  Das sehe ich genauso – und ich freue mich sehr über diese Diskussionen! Es ist doch fantastisch, wenn nicht nur im Stadtrat oder in der Verwaltung über zukünftige Entwicklungen nachgedacht wird. Die Stadt ist für alle Bürgerinnen und Bürger da, und zwar jeden Alters. Das ist für mich Transparenz und Bürgerbeteiligung. Nur wer frühzeitig informiert ist, kann sich eine Meinung bilden, mitdiskutieren und sich einbringen. Ich freue mich immer sehr, wenn ich von Bürgerinnen und Bürgern angesprochen werde, denn das bestätigt mir, dass wir auf dem richtigen Kurs sind. Zur Bürgerbeteiligung sind übrigens noch einige Maßnahmen in Planung, da wird in Zukunft für jeden das geeignete Format dabei sein.

MD: (lacht) Ich merke schon, beim Thema Transparenz und Bürgerbeteiligung kommst Du in Dein Element, da bricht Deine Leidenschaft durch!

DN: Jo! Absolut! Aber ohne Leidenschaft wird nichts richtig gut! Man muss schon für etwas glühen, wenn man Bewegung erzeugen will.

MD: Ohne Leidenschaft für die Sache plätschern Projekte lauwarm vor sich hin und man kommt dem Ziel nicht näher, das ist auch meine Erfahrung. Und als Bürger will ich auch gefragt werden, nur ein Kreuzchen am Wahltag machen, ist mir auch zu wenig. Ich möchte künftig noch viel mehr Menschen für unsere Stadtpolitik begeistern. Mein persönliches Lieblingsprojekt sind die Workshops für junge Leute. Da werden noch viele neue Impulse kommen. Und auch das kritische Hinterfragen von Bestehendem ist wertvoll um die Gedanken und Ziele für die Zukunft zu schärfen.

DN:  Oft führen Diskussionen und das Hinterfragen zu wichtigen Erkenntnissen. Was früher richtig war, kann heute nicht mehr passen – die Welt ändert sich, die Bedürfnisse der Menschen ändern sich. Ein Beispiel: Unser Hallenbad hat den Bürgerinnen und Bürgern, den Vereinen und Schulen lange Jahre gute Dienste geleistet. Jetzt ist es sanierungsreif und wir müssen uns die Frage stellen, ob wir es schließen und als Ersatz ein Ganzjahresbad am Badepark bauen. Das ist eine wichtige Entscheidung für die Zukunft, denn wir sprechen dabei über Millionensummen für Bau und Betrieb. Aber noch teurer wird es, wenn wir einfach so weiterwursteln und uns um die Entscheidung drücken.

MD: Klare Entscheidungen und die Übernahme der Verantwortung sind wichtig, aber auch die Art und Weise, wie sie getroffen werden, ist von großer Bedeutung. Natürlich kann man es nicht jedem Einzelnen recht machen, aber ein möglichst breiter Konsens in der Diskussion bringt Akzeptanz für das Projekt.

DN:  Es kommt sehr auf die Diskussionskultur an. Man kann über Vieles reden und man kann dabei unterschiedliche Meinungen haben. Aber man sollte immer den Stil wahren und Anstand zeigen. Manchmal finde ich es erstaunlich, dass sich Leute zu aggressiven Tönen hinreißen lassen und dabei gar nicht merken, dass sie selbst die offene Diskussion ruinieren. Da muss man dann einschreiten, denn es darf nicht sein, dass sich derjenige durchsetzt, der am lautesten mault oder am frechsten auftritt. Es braucht zudem Mut, Dinge anzupacken, die vielleicht auf den ersten Blick laute Kritik bringen. Es ist leider oft so, dass nur die Kritiker sprechen, während die Unterstützer sich nicht trauen, das Wort zu ergreifen oder denken, „das werden die schon irgendwie hinkriegen“. Wenn wir über so tiefgreifende Veränderungen unserer Ortsbezirke reden wie sie in Wörth und Maximiliansau mit den Sanierungskonzepten kommen werden, dann wäre schon gut, wenn möglichst viele sich einbringen.

MD: Die Stadt steht insgesamt vor großen Herausforderungen. Du hast sogar die Verlegung der L540 aus dem Altort von Wörth heraus ins Spiel gebracht. Dabei ist es wichtig, nicht nur an Detailschräubchen zu drehen, sondern die wichtigen Fragen ganzheitlich zu beantworten. Die Verkehrsprobleme in den Ortsbezirken Maximiliansau, Schaidt und Wörth sowie die notwendige Sanierung von Eisenbahnstraße und Cany-Barville-Straße oder auch die Altort-Rahmenplanung in Wörth sind komplexe Aufgaben mit vielen betroffenen Bürgerinnen und Bürgern. Überdies müssen wir die öffentliche Versorgung in Büchelberg erhalten. Wenn wir die Lebensqualität für die Menschen voranbringen wollen, müssen wir da ran.

DN: Ganz Deiner Meinung. Aber wir dürfen nicht vergessen, dass wir häufig nur einen Versuch haben – das muss im ersten Anlauf gut werden, denn wir können da nicht ständig herumbasteln. Das Geld hätten wir auch gar nicht.

MD: Die Stadt Wörth ist aktuell schuldenfrei – können wir das bei der Vielzahl an Projekten auf Dauer aufrechterhalten?

DN: Schuldenfreiheit muss unser oberstes Ziel sein, denn unsere Kinder haben ein Recht darauf, eigene Entscheidungen zu treffen und nicht durch unsere Schulden gefesselt zu werden. Wir müssen die kommunalen Finanzbeziehungen neu ordnen. Wenn der Landkreis uns den Löwenanteil unserer  Gewerbesteuereinnahmen abnimmt, dann läuft etwas falsch. Wir haben in Wörth am Rhein ja auch die Belastungen durch den gewerblichen Verkehr. Der Landrat muss lernen, besser mit unserem Geld umzugehen. Es kann ja nicht wahr sein, dass wir in einem der reichsten Landkreise leben und trotzdem die höchste Kreisumlagequote im ganzen Bundesland haben. Ich baue darauf, dass auch die CDU im Kreis hier zur Einsicht gelangt.

MD: Das klingt nach viel Arbeit für Dich?

DN: Nicht nur für mich, für uns alle. Wer lieber motzt und alles schlecht redet anstatt anzupacken, der hat in der Öffentlichkeit überhaupt nichts verloren. Es geht um das Gemeinwohl und um unsere Zukunft, um die Zukunft unserer Kinder. Eine bessere Motivation kenne ich nicht.  

MD: Na dann: Ärmel hoch!